Taffy Dakar 2018

Taffy Dakar 2018 1000 667 Michael

Wiedermal überredet Martin mich zu einem kurzen Trip auf den ich selbst nie gekommen wäre. Das Ziel ist diesesmal die Taffy Dakar in Wales. Die Taffy ist ein Event das ähnlich wie die deutschen Wuppenduro und Hönnetrail Großendurofahreren ermöglicht ihrer Motorräder ordentlich einzusauen. Größter Unterschied ist das Rennen das eigenlich kein Rennen ist. Viel Spaß beim weiterlesen.

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Anreise nach England

Die Woche vor der Abreise war hektisch und anstrengend, von guter Vorbereitung kann keine Rede sein. Außer die Adressen der Zielpunkte, gibt es keinerlei Routenplanung. Am Freitag vor der Abfahrt ziehe ich noch einen neuen Hinterreifen samt Kette auf. Abends um 11 ist das Motorrad dann zumindest bepackt und startklar.  Am Samstag 28.4. um 7:00 beginnt der Marathon nach Dünnkirchen, mit Umleitungen etc. 990km in einem Rutsch. Es ist ziemlich offensichtlich, dass ich mir die letzten Tage zu viel zugemutet habe. Die Schrecksekunde die mir der Sekundenschlaf bereitet hat, brauche ich nicht nochmal. Mit ein paar mehr Pausen klappt aber alles.  Ausgeschlafen erwarte ich Frank beim Frühstück. Zuletzt hatten wir uns bei meiner Tour entlang der Ostsee gesehen, die Freude ist dementsprechend groß. Auf dasselbe Schiff wie wir warten im Hotel auch ein paar nette Damen. Mein Unvermögen die Kaffeemaschine zu bedienen, bringt uns ins Gespräch und ich höre erstmals von den Fossilien der Jurassic Coast in Südengland. Auf der Fähre treffen wir noch auf Ronja und Tom, die auf einer Intruder unterwegs sind. Genug Gesprächspartner um die 2h auf der Fähre zu überbrücken.

 

Zwischenstopp in London

Die Schlechtwetterinsel machte zu Beginn der Reise ihrem Namen auch wieder alle Ehre. Nieselregen, Nebel genießen ist nicht. Von daher machen wir uns zügig auf den Weg zu Martin nach London.  Kaum 2h Fahrpraxis im Linksverkehr und auf ins Großstadtgetümmel. Zum Glück fahren die Briten gesittet. Wichtigste Regel: Nichts hektisch machen, sobald man instinktiv handelt, handelt man falsch. Martin hatte ich zuletzt vor der Sibirienreise gesehen sein Leben hat sich seither sehr verändert. Das der verrückte Kerl, den ich 2014 auf Island an der Askija zum erstem mal getroffen habe und der mich zur Teilnahme an der Primus Rally überredet hat, jetzt ein Haus gekauft hat, kam ziemlich überraschend. Umso schöner es endlich live zu sehen und ich kann ihm nur beipflichten es ist wundervoll. Genau das was er braucht und sich gewünscht hat, ich freue mich sehr für ihn und seine Freundin Martha. Nicht nur bei Martin in London überall scheinen die Briten sehr besorgt wegen Diebstahl zu sein. Noch nie habe ich so viele mit Schlössern gesicherte Motorräder gesehen. Folglich stellen wir uns der Herausforderung vier Motorräder in die 5×2.5m großen Garage zu parken, in der teilweise noch Regale sind. Eine höhere KTM 990 Adventure Dichte, kann man in einer Garage wohl kaum mehr erzielen. Am nächsten Tag schlägt die Schlechtwetterinsel aber wieder gnadenlos zu. Zitat BBC „unusual cold and wet“ perfekte Bedingungen um im Haus zu bleiben, Gott sei Dank können wir das auch Martha und Martin sind großartige Gastgeber.

Tagestouren in Wales

Am Dienstag 1.5 geht es dann aber weiter nach Wales. Beim Start in Martins Hof könnte man noch meinen wir sind irgendwo in Südeuropa, schönes Wetter, Palmen. Der Tag bleibt auch überwiegend trocken.  Als wir gegen Nachmittag einkaufen verwickelt uns Robert in einen kurzen Motorrad Small Talk und bietet uns auf seinem Grund auch gleich noch einen Platz zum Campen an. Die alten Buchen bilden eine wunderschöne Naturkulisse und man kann verstehen, warum Roberts Tochter sich diesen Platz für ihre Hochzeit ausgesucht hat. Leider wäre es ohne Feuer ziemlich ungemütlich gewesen, es ist kalt und regnet fast die ganze Nacht. Es kostet ziemlich viel Überwindung den Schlafsack am Morgen zu verlassen und die nasse Ausrüstung zusammenzupacken. Die Bilder die wir Martin gesendet haben, hatten zu dem Zeitpunkt schon die Runde gemacht und sind auf den Web- und Facebookseiten der Taffy Dakar geladet. Soviel Begeisterung darüber das zwei Deutsche anreisen hatten wir nicht erwartet. Folglich auf zum Campingplatz der Taffy. Unser Weg führt uns über kleine schöne Straßen durch die Berge von Wales. Zum Glück hatte ich Frank mit dabei, ich bin einfach nicht in Reiselaune und hätte die Kanäle, auf denen früher Kohle und Erz transportiert wurde, sonst völlig übersehen. Heute kann man die Boote als Hausboot mieten. Als wir an einem Miniwasserfall eine kleine Pause einlegen ist mir endlich wieder nach Fotos. Das Tele und die ND Filter müssen mal wieder benutzt werden. Schafe, Lämmer, ein Wasserfall und ein Aston Martin, nur Top Motive hier. Schrauber Frank repariert derweil erfolgreich seinen 20 Jahre alten Coleman Benzinkocher. Am Abend werden wir herzlich vom Organisator Christian empfangen. Es wird uns weder gestattet Bier noch unser Essen selbst zu bezahlen. Soviel Gastfreundschaft ist man aus Deutschland nicht gewohnt.  Zum ersten Mal hören wir beide von der bereits über 40 Jahre alten TRF der Trail Riders Fellowship. http://www.trf.org.uk/  Diese Organisation ermöglicht ihren Mitgliedern das Befahren der sogenannten „Green Lanes“ womit in erster Linie Feld und Waldwege gemeint sind. Dies beinhaltet das Verhindern von Sperrungen, genauso wie das Instandhalten. In einem monatlichen Magazin für die Mitglieder werden die legal befahrbaren Green Lanes veröffentlicht. Eine vergleichbare Organisation in Deutschland bleibt aber vermutlich Utopie. Spät am Abend verkriechen wir uns in die immer noch nassen Zelte. Die Wiese ist extrem feucht und fühlt sich an wie ein Schwamm. Das Wasser drückt sich fast ungehindert durch meinen Zeltboden. 3000mm Wassersäule reichen wohl nicht für Wales. Zum Glück ist der nächste Tag freundlicher. Eine Bergstraße der heutigen Tagestour bereitet dem Nordlicht Frank so viel Freude, dass er sie gleich zweimal fährt. Der Süddeutsche ist unbeeindruckt und macht lieber Fotos. Besonders nett ist auch der Besuch in der alten Zeche Cefn Coed. Weniger weil Bergbau so spannend ist, sondern mehr weil das Personal auch ohne geführte Tour mit Begeisterung viele Highlights zeigt und erklärt. An den furchtbaren Bedingungen unter denen in so einer Mine gearbeitet wurde ändert das allerdings wenig.

Taffy Dakar Rally

Freitag 4.5 kommt Martin am Morgen mit seinem Landcruiser und der 640er Huckepack an. Ruck zuck steht sein Tipi und nach und nach trudeln auch seine Freunde ein. Der Zeltplatz füllt sich zügig. Wir heuern auch spontan noch Iain als Verstärkung für unser Team die Primus Donkeys an. Davon abgesehen, dass er ein netter Kerl ist hat er mit seiner Husqvarna 701 und Mitas C19/C02 Bereifung  bei mir sofort alle Sympathiepunkte auf einmal abgeräumt. Nach der Anmeldung gibt es drei laminierte A3 Bögen doppelseitig mit Karten sowie eine Liste mit 33 Wegpunkten. Die Basis sind die Ordnance Survey Karten, welche unglaublich viele Details enthalten und ich jedem nur empfehlen kann, wenn er das Königreich zu Fuß, mit dem Rad oder der Enduro bereisen will. Die Wegpunkte müssen auf der Karte markiert und optional auch ins GPS Gerät übertragen werden. Am Eingang gibt es zudem eine Übersichtskarte aus der hervorgeht, welche Wege nicht befahren werden dürfen. In der Regel liegen alle Wegpunkte auf irgendwelchen Trails. Nach der Vorbereitung widmen wir uns dem sozialen Teil. Meine Einstellung „kein Bier vor einem harten Tag auf der Enduro“ wird leider von niemandem geteilt. Wird der Tag vielleicht gar nicht so hart? Der Eindruck vom Platz verheißt eher nichts Gutes. Alle sind auf groben Stollen unterwegs ein TKC80 würde hier eher als fein durchgehen. Ich zähle höchstens 5 weitere Motorräder die nur mit 50/50% Reifen wie Heidenau K60 Scout oder meinen Mitas E07 und E07+ unterwegs sind. Frank hat auf seine 990er Mitas E09 aufgezogen, während ich lediglich den Luftdruck auf 1,5Bar absenke und hoffe, dass mir der stark ausgewaschene Vorderreifen nicht ständig wegrutscht. Um 8:00 geht es los, wir haben Zeit bis 18:00 um so viele Wegpunkte anzufahren und die Aufgaben zu lösen wie möglich. Dies können Fragen zu Umgebung sein oder schlicht Nummernschilder die es zu suchen gilt. Martin führt das Team Primus Donkeys zielsicher von Wegpunkt zu Wegpunkt und Franks Zöllneraugen entgeht nichts.  Iain mit dem am besten geeigneten Motorrad prüft die kniffligen Wege. Einmal ist er aber zu übermütig, rutscht weg und verbiegt sich den Schalthebel. Es kostet etwas Zeit diesen soweit zurückzubiegen, dass sein Motorrad wieder fahrbereit ist. Leider nicht die einzige Panne. Nach einem Umfaller quittiert Franks 990er ein paar Kilometer weiter den Dienst. Hier gibt es keine schnelle Reparatur, wir müssen ihn zurücklassen und er wird von den Marshalls samt Motorrad eingesammelt. Der letzte Trail kostet dann Martin den Schalthebel. Sein Verhängnis ist eine Stufe im Hang die durch Bach und Algenbewuchs nicht einfacher wird. Ein wenig bin ich erleichtert, dass ich mich dieser Prüfung jetzt nicht mehr unterziehen muss. Es kommen Bedenken auf das wir es überhaupt noch rechtzeitig zurück schaffen. Aber selbst mit dem verbliebenen Schalthebel schafft Martin es das Tempo zu halten und wir sind um 17:50 rechtzeitig zurück. Leider reicht unsere Leistung aber nur bis Platz 6.  Mit so vielen Pannen aber trotzdem ein passables Ergebnis.

Freihes Fahren

Am nächsten Tag starten wir träge. Frank ist es nicht gelungen sein Motorrad zu reparieren. Großzügiger Weise leiht ihm Christian seine Honda XR600 damit er wenigstens fahren kann.  Die Option uns von einem der Marshalls führen zu lassen nehmen wir nicht wahr. Unsere Gruppe ist jetzt deutlich größer. Neben den Primus Donkeys (Frank, Iain, Martin, Michael) schließen sich Martins Freunde Andy, Ben, Chubby, Craig, Ed, Ferdy, Gavin und Markus an. Andy, Markus Martin und ich diskutieren die möglichen Routen. Meine Begeisterung anschließend die Navigation zu übernehmen hält sich in Grenzen. Bis zu dem Zeitpunkt bin ich noch nie in einer so großen Gruppe gefahren, zudem kannte ich die Ordonance Survey Maps kein bisschen und wusste kaum wie die Symbolik zu interpretieren ist. Wer wagt gewinnt und nachdem ich am Vortrag kaum Probleme mit dem Gelände hatte, war ich guter Dinge. Erste Station die alte römische Straße. In der kurzen Photosession setzt Chubby zu einem Flugversuch mit seiner 690er an. Leider fehlt der Auftrieb aber das versehentlich geschossene Foto ist spektakulär.  Das dabei weder Mann noch Motorrad Schaden nehmen, können wir kaum glauben sind aber umso mehr froh darüber. Nach ein paar Schwimmversuchen auf den Bikes verliert sich die Gruppe aber leider im Wald. Erst zur Mittagspause finden alle wieder zusammen. Wir nehmen noch einen letzten Trail in Angriff und fahren dann zurück. Frank ist bereits nach der Mittagspause zurückgefahren weil auch die XR leider nicht frei vom Fehlerteufel war. Bei unserer Ankunft verkündete er dann auch stolz, das seine 990er wieder läuft. Beim Sturz hatte sich der Schnellverbinder des Tanks gelöst und die Kraftstoffzufuhr unterbrochen.  Dieser Erfolg wir erstmal begossen vor am nächsten Tag alle die Heimreise antreten.

Rückfahrt und Normandie

Der dritte Tag in Folge mit Traumwetter, die 20°C Marke wird spielend geknackt. Schade das ich aufbrechen muss, am liebsten hätte ich mich noch länger auf den „Green Lanes“ rumgetrieben. Meine Sorgen waren komplett unbegründet. Die Reifen haben sich super geschlagen und die 990er ist ohne Gepäck kaum schwerer zu beherrschen, als meine geliebte 640er mit. Trotzdem würde ich beim nächsten Mal auf Stollen und eine leichte Enduro setzen. Immerhin macht die Große die An- und Abreise entspannter. Zu Familie Snaith sind es 250km und die Vorfreude auf dieses Wiedersehen tröstet etwas über den Abschied von Frank und Martin und den vielen neuen Freunden. Gilly Steve, Alisha und Lucy wiederzusehen war ein weiterer Grund den weiten Weg zur Taffy Dakar überhaupt aufzunehmen. Die vier waren mein Lichtblick zum Ende der Pleiten, Pech und Pannen Tour entlang der Seidenstraße. Zu hören wie man sich nach vier Jahren auf Weltreise wieder eingeliedert war sehr spannend. Mehr über ihre Reise findet ihr hier: www.overlandingfamily.com  Umso mehr hat mich meine schlechte Planung geärgert. Erst am Abend bei ihnen habe ich gemerkt, dass ich am nächsten Morgen bereits um 7:00 aufbrechen muss, um die Fähre nach Cherbourg zu erreichen. Trotzdem war der Besuch sehr schön, und ich habe die kurze Zeit sehr genossen. Auf der Fähre habe eine Gruppe Radfahrer getroffen, die mit ihrer Reise von Bristol nach Heidelberg eine Kindertageststätte in Mexico unterstützen. Vor lauter Hektik hatte ich noch 15 Pfund übrig die ich bei der Gelegenheit gleich gut anlegen konnte. Wer mehr erfahren möchte: www.solkids.btck.co.uk Hintergrund für die Fähre nach Cherbourg war, dass ich die D-Day Schauplätze sehen wollte. Durch Zufall hatte ich dafür dann auch die perfekte Unterkunft. Caroline und Dick Cooper betreiben ein B&B auf dem Delauny Hof. Im Giebel des Gebäudes befand sich ein Scharfschützenloch, welches noch klar zu erkennen ist und erst vor ein paar Wochen hat Dick eine Patrone in der Wand entdeckt. Viele von Dicks Gäste sind Veteranen und so ist es nicht verwunderlich, dass er viele ihrer Geschichten wiedererzählen kann und diese auch zu bewahren versucht. Am besten Gefiel mir die eines Soldaten der sich 10 Dollar von einem Kameraden lieh welcher am nächsten Tag getötet wurde. Der Soldat hat die 10 Dollar nie ausgegeben um sich an seinen verstorbenen Kamerad zu erinnern. Die D-Day Schauplätze selbst haben mir weniger gefallen. Die unzähligen Museen und Souvenirläden strahlten nicht gerade den Eindruck eines würdigen Gedenkens aus. Auch ein Gefühl für die Situation der Soldaten konnte man nicht aufbauen, da vom Pointe de Hoc abgesehen nur noch wenige der Originalschauplätze erhalten sind. Auch der Amerikanische Soldatenfriedhof bleibt vom Trubel nicht verschont. Die Dimension ist gigantisch hier sind etwa 10.000 Soldaten begraben 2% der gesamten amerikanischen Verluste im zweiten Weltkrieg. Der Trubel lenkt aber ab. Von den Schützengräben des Lingenkopfs kenne ich noch ein sehr beklemmendes Gefühl, welches ich auch hier erwartet hätte. Dieses kam erst auf als ich mir die Zeit nahm den kleineren deutschen Soldatenfriedhof Orglandes zu Fuß zu umrunden. Auch hier sind ca. 10.000 Soldaten begraben 0,2% aller getöter deutscher Soldaten. Die Dimension eines Friedhofs der alle fasst kann ich mir nicht einmal vorstellen. Einer von vielen Gründen warum die Deutschen kriegsmüder als andere Nationen sind. Sicher bin ich mir aber, dass alle gefallenen Soldaten ungeachtet ihrer Nation uns nur den Rat geben würden nie wieder Krieg zu führen und politische Fehlentwicklungen wie sie aktuell vielerorts stattfinden nicht zu ignorieren. Während der 1160km langen Rückfahrt blieben mir diese Gedanken noch im Kopf. Immerhin war ich dieses Mal topfit und die französische Autobahn war sehr entspannt.

Herzlichen Dank an dieser Stelle nochmal an:

  • Die Marshalls für ihren Einsatz beim Event und die Gastfreundschaft uns gegenüber.
  • Gilly, Steve, Martha und Martin, ich hoffe ich darf euch bald mal in Süddeutschland begrüßen.
  • Ben, Ferdy, Chubby und besonders Frank für die zusätzlichen Videos und Bilder ohne die der Bericht deutlich langweiliger wäre.

Auch wenn es durch American Loop bis 2021 dauern wird, freue ich mich auf die nächste Taffy.

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